25 Jahre br-spezial

Interview mit Firmengründer Peter Stahlheber

Nachfolger und jetziger Geschäftsführer Ralf Gretenkort interviewt Firmengründer Peter Stahlheber

br-spezial Firmengründer Peter Stahlheber

Ralf Gretenkort: Erzähl doch einmal etwas zu deinem Werdegang …

Peter Stahlheber: Ich mach das im Stenogrammstil, denn mit fast 75 kommt da einiges zusammen:

  • Am 19. Dezember 1949 in Limburg an der Lahn geboren
  • Hauptschulabschluss und danach 3 ½ Jahre erfolgreiche Berufsausbildung zum Anlagenelektroniker im Bundesbahnausbesserungswerk Limburg. 1. Mai 1965 Eintritt in die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands. Jugendvertreter für 250 Auszubildenden.
  • 6 Semester Abendschule
  • 2. Bildungsweg zur Fachhochschulreife.
  • Bundesbahnwagenwerk in Frankfurt a. M.
  • 18 Monate Bundeswehr als Wehrpflichtiger bei der PSK (Psychologische Kriegsführung) in Clausthal Zellerfeld im Harz. PSK Schule in Euskirchen. Anschließend anerkannter Kriegsdienstverweigerer. Ausbildungs- und Jugendsekretär DGB Hessen in Frankfurt, Limburg und Marburg.
  • 1973/1974 erfolgreiches Studium Generale an der Akademie der Arbeit in der J. W. Goethe Universität in Frankfurt a. M. Schwerpunkte Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht bei Prof. Wolfgang Däubler, Geschichte bei Prof. Wolfgang Abendroth. Beide haben mich sehr geprägt.
  • 1975 Fachlehrkraft für Schulung und Bildung beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Holz und Kunststoff (GHK) in Düsseldorf
  • GHK-Geschäftsführer in Gütersloh/ Bielefeld und Worms
  • Mitglied im Gesamtbetriebsrat der GHK für den Bezirk Hessen/ Rheinland-Pfalz und Saarland
  • 1991 bis Ende 1999 gewählter Landesvorsitzender (Bezirksleiter) der GHK Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland in Frankfurt/Main.
  • August 1999 Gründer und Inhaber der Bildungseinrichtung br-spezial gemeinsam mit Klaus Sandmann.

Für meine Arbeit besonders hilfreich waren auch folgende Tätigkeiten und Zusatzausbildungen: Dozententätigkeit in zentralen und dezentralen Seminaren, Fachtagungen, der GHK und des DGB. Ausbildung zum Moderator. Ich war in verschiedenen Gremien der Selbstverwaltung tätig: Holz BG, AOK-Vorstandsmitglied; Agentur für Arbeit; Ausschuss für Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen im Sozialministerium Hessen + Rheinland-Pfalz. Heimarbeitsausschuss des Bundes für Knöpfe und Schnallen in Bonn. Ehrenamtlicher Arbeitsrichter Arbeitsgericht Mainz und Richter beim Landesarbeitsgericht Hessen in Frankfurt.10 Jahre ehrenamtlicher Bundesarbeitsrichter beim Bundesarbeitsgericht in Kassel und Erfurt (bis 2003) im 6. Senat.

Warum hast du mit 50 Jahren das Risiko auf dich genommen eine neue Firma zu gründen?

Ich habe fast 28 Jahre in der Gewerkschaft für die Mitglieder, Betriebsräte und Vertrauensleuten an der betrieblichen Front gearbeitet und das sehr gerne und mit großem Engagement. Im Führungskreis der Gewerkschaft Holz und Kunststoff gab es Ende der 90er Jahre die Entscheidung mit der IG Metall zu fusionieren. Meine berufliche Zukunft sollte ab 2000 in der Zentrale der IGM in Frankfurt sein. Mein Aufgabengebiet: Die Koordination der bundesweiten Branchenarbeit Holz und Kunststoff in der IGM. Ich gewann die Erkenntnis, dass das für mich keine Option darstellen würde. Ich wollte nicht fern der Basis im IGM-Turm in Frankfurt arbeiten und Herr meiner eigenen Biografie sein. Kurt Tucholsky wusste es: »Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein.« Meinen rebellischen Geist habe ich mir erhalten. Ich habe die Entscheidung der Selbstständigkeit nie bereut!

Wie war der Start?

Ende 1999 und Anfang 2000 gab es manche schweren Stunden. Aller Anfang ist schwer. Aus einer gesicherten Beschäftigung in ein unbekanntes und riskantes Abenteuer der Selbstständigkeit, das war schon eine große Herausforderung, die ich bis heute nie bereut habe. Es gab von Anfang an großartige Unterstützung durch viele Betriebsräte und Referenten. Hier möchte ich besonders erwähnen Marion Müller, Rudi Ewald, Claudia Schymik, Erika Feuerbach und Volker Brinkhoff die die neu gegründete Bildungseinrichtung von Anfang an unterstützten und auch heute noch an Bord sind.

Ich weiß aus eigenem Erleben als Referent bei dir, dass die Angebote der Bildungseinrichtung br-spezial gut angenommen wurden – was sagst du dazu?

br-spezial ist einer der traditionsreichsten inhabergeführten Anbieter inner- und überbetrieblicher Seminare in Deutschland. Seit 25 Jahren stehen fachliche Kompetenz und Unabhängigkeit in unserer Philosophie ganz oben. Die Gestaltung unserer Seminare ohne starre Vorgaben, bezieht die Wünsche der Teilnehmer von Anfang an mit ein. Ganzjährig und flächendeckend veranstalten wir alle erforderlichen Einführungs-, Vertiefungs- und Spezialseminare in den Bereichen Recht, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Kommunikation und wirtschaftliche Angelegenheiten. Lernen muss nicht mühevoll sein – es soll Freude bereiten. Dafür sorgen wir mit einer lebendigen und abwechslungsreichen Unterrichtsgestaltung. Damit kann das neue Wissen gezielt und gewinnbringend in die weitere Arbeit einfließen. Unsere Experten zeigen den richtigen Weg durch den Paragrafendschungel. Sehr wichtig: Viele alte Bekannte der br-spezial-Familie wiedersehen, neue Menschen kennenlernen, Erfahrungen austauschen, neues Wissen aufnehmen, Altes auffrischen und Motivation für die Arbeit mitnehmen! Die mehr als 24.000 Teilnehmer in 25 Jahren sprechen glaube ich für sich.

Welche und wie viele Referenten arbeiten für br-spezial?

In manchen Seminarwochen bis zu 18 Referenten. Insgesamt waren es mehr als 30! Arbeitsrechtler, Fachanwälte für Arbeitsrecht, Arbeits- und Sozialrichter, Professoren, ehemalige Gewerkschaftssekretäre und Betriebsräte, Psychologinnen, Journalisten, Diplom Betriebswirte und Gesundheitswissenschaftler, Trainerinnen für Konfliktmanagement.

Wie sah deine Tätigkeit im Unternehmen aus?

Im Grunde musste ich alle relevanten Geschäftsvorgänge selbst erledigen, insbesondere: Seminarmanagement, Erstellung und ständige Aktualisierung von Seminarkonzeptionen mit punktueller fachlicher Unterstützung anderer Trainer und Juristen. Druckreifes Erstellen des jährlichen Seminarprogramms. Referenteneinsatzplanung und Referentenqualifizierung. Planung, Organisation und Durchführung von Events, Personal und Rechnungswesen, Marketing. Eine 60 – 70 Stundenwoche war keine Seltenheit – Selbst und ständig! Ohne meine Frau undenkbar. Dafür bin ich Ihr sehr dankbar!

Was ist die Firmenphilosophie und was unterscheidet br-spezial von anderen Seminaranbietern?

Unsere Bildungsphilosophie:   Seminare mit Herz, entspannt lernen zwischen Meer und Bergen.

Nach dem Motto:   Gemeinsam lernen und gemeinsam feiern – in der Erwachsenenbildung ganz wichtig.

Ein großer Pluspunkt:   In den Seminaren wird der Praxisbezug ganz großgeschrieben. Das garantiert einen hohen praktischen Nutzen.

Alle Seminare werden von erfahrenen Experten und vor allem Kennern der betrieblichen Praxis durchgeführt. Und ganz wichtig: Persönliche Betreuung, beste Hotels und ein attraktives Rahmenprogramm sorgen dafür, dass sich die Teilnehmer rundum wohl fühlen. Unsere Zutaten für eine gelungene Seminarwoche sind eine ausgewogene Mischung aus guten Inhalten, frischen Ideen und ein Schuss Begeisterung für die weitere Arbeit. Wir sind stolz, dass wir mit unseren Seminaren wirkungsvolle Unterstützung geben konnten.

Was uns noch von anderen Bildungseinrichtungen unterscheidet:   Ein beachtlicher Teil der Seminargebühren fließt wieder an die Teilnehmer zurück, unter anderem freie Getränke während der Seminarwoche. Wir sind einer der preiswertesten Seminaranbieter Deutschlands! Wie sagte Sylvio Dobruta ein ehemaliger Betriebsratsvorsitzender und Freund: »Peter ist Robin Hood der Betriebsräte – mit Anstand und Fairness.«

Was waren besondere Ereignisse in der Firmengeschichte?

Da kann ich über ein paar sehr schöne als auch sehr schmerzhafte Ereignisse berichten.

1999  Im August Firmengründung im Hotel Freund in Oberorke. Wo auch unser erstes Büro eröffnet wurde.
2001 Im Mai erste Seminarwoche im Hotel Pragser Wildsee im Pustertal in Südtirol.
2002 Neue Büroräume, Lager und ein eigener PC-Schulungsraum mit 14 vollständig eingerichteten PC-Arbeitsplätzen. In Oberorke.
2005 / 2006 Mit einem Seminarschiff auf der Donau von Passau über Wien, Bratislava nach Budapest und zurück mit jeweils über 150 Betriebsräten.
2007  Mit einem Seminarschiff Rhein – Mosel. Von Straßburg bis Trier, Seminarwochen in der Bildungsstätte des österreichischen Gewerkschaftsbundes in Schladming – Seminarwochen im Aqua Dome Längenfeld Ötztal/Österreich.
2008 Im Oktober Wechsel vom Seminarhotel Freund Oberorke zum Hessen Hotelpark Hohenroda.
2012  Klaus Sandmann verlässt im September 2012 br-spezial und wird Mitarbeiter in der von seiner Lebensgefährtin im Mai (!) gegründeten Firma. Ich führte die Bildungseinrichtung alleine fort.
2019 20 Jahre br-spezial – Große Feier im Hessen Hotelpark Hohenroda im Dezember
2020 Mitte März bis Anfang Juni wegen Corona keine Seminartätigkeit. Ab Mitte Juni begrenzt mit strengen Auflagen möglich.
2021 Wegen staatlicher Auflagen kaum Seminartätigkeit.
2022

Nach 3-jähriger Suche habe ich endlich einen Nachfolger gefunden – Ralf Gretenkort.

Am 14. Dezember war meine Verabschiedung. Nach mehr als 23 Jahren habe ich mich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und das Zepter an dich weitergereicht. Du Ralf, hast die Geschäfte der von mir im Dezember 2022 gegründeten Firma br-spezial GmbH & Co.KG ab 01.01.2023 übernommen. Die Seminarwoche war mit 260 Teilnehmern, 19 Seminaren, 21 Referenten und 38 Gästen die größte in der Firmengeschichte. Es mussten 4 Hotels gebucht werden. Besondere weitere Highlights in der Firmengeschichte waren die unvergessenen Auftritte von Esther Münch, Günther Wallraff, Prof. Wolfgang Däubler und Albrecht Müller (Gründer und Herausgeber der NachDenkSeiten).

2023 Du als Mitinhaber und Nachfolger hast das erste Jahr mit Bravour gemeistert und die bisherige erfolgreiche Arbeit der Bildungseinrichtung br-spezial fortgeführt. Ich weiß aus eigenem Erleben das du mit Herzblut für die Bildungseinrichtung br-spezial gelebt hast.

Wie schwer ist dir der Abschied gefallen?

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Das weinende Auge vermisst die vielen großartigen Menschen – die Seminarteilnehmer und die Referenten. Nach 25 Jahren ist mir br-spezial so ans Herz gewachsen, dass mir der Abschied nicht leicht gefallen ist. Ich bin dankbar für die vielen Jahre, in denen wir viel gelacht, viel bewegt und auch produktiv diskutiert haben. In denen ich viel gelernt habe und so viele tolle Menschen kennenlernen durfte.