Hilfestellung zum Thema Seminarbesuch
Tipps zur Betriebsratssitzung
- Feststellung d. Schulungsbedarfs bei einem oder mehreren Mitgliedern
- Rechtzeitige Einladung mit Tagesordnung (bei Verhinderung von Betriebsratsmitgliedern die Einladung von Ersatzmitgliedern nicht vergessen) zur nächsten BR-Sitzung mit dem TOP "Entsendung von Mitgliedern zu BR-Seminaren gemäß § 37. Abs. 6 BetrVG"
Während der Betriebsratssitzung
- Beschlussfassung über die Seminarteilnahme
- Die Notwendigkeit der Schulungsmaßnahme prüfen im Falle eines Spezialseminars Gründe darlegen
- Veranstalter, Seminarthema und Seminarort auswählen
- Zeitpunkt des Seminars unter Berücksichtigung der betrieblichen Notwendigkeiten festlegen
- Verhältnismäßigkeit der Kosten prüfen
- Anfrage bei br-spezial, ob noch Plätze frei sind, tel. Vorreservierung
- Ersatzteilnehmer bestimmen
- Protokollierung des Beschlusses
Nach der Betriebsratssitzung
- Schriftliche Mitteilung an den Arbeitgeber über die beschlossene(n) Entsendung(en) unter Hinweis auf die nach Auffassung des BR vorliegende Erforderlichkeit, die Berücksichtigung der betrieblichen Notwendigkeiten und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der Arbeitgeber sollte drei bis vier Wochen vor Seminarbeginn unterrichtet werden.
- Die Seminarteilnahme ist nicht von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig!
- Schriftliche Anmeldung zu br-spezial schicken, faxen oder mailen.
Pflichten des Betriebsrats zur Teilnahme an Seminaren
Durch die Übernahme des Betriebsratsamtes haben die Mitglieder des Betriebsrats nicht unerhebliche Amtspflichten übernommen. Um das ihnen anvertraute Amt verantwortungsvoll auszufüllen und die damit verbundenen Aufgaben ordnungsgemäß durchführen zu können, sind spezielle Kenntnisse der BR-Mitglieder insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts notwendig.
Jeder Betriebsrat hat sich auf sein Mandat umfassend vorzubereiten und ist aus diesem Grund verpflichtet, sich die hierfür unerlässlichen Kenntnisse anzueignen (BAG vom 05.11.1981).
Gesetzliche Grundlage: § 37 Abs. 6 BetrVG
Schulungsanspruch des Betriebsrats nach § 37 Abs. 6 BetrVG
Nach § 37 Abs. 6 BetrVG sind die Mitglieder des Betriebsrats für die Schulungsveranstaltungen ohne Minderung des Arbeitsentgeltes von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Der Seminarbesuch muss das "geistige Rüstzeug" zur Erledigung der anstehenden Betriebsratsaufgaben vermitteln.
Dieser Freistellungsanspruch ergibt sich allerdings nur, wenn die Schulungsveranstaltung Kenntnisse vermittelt, die für die Betriebsratsarbeit erforderlich sind. Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen der Vermittlung von Grundwissen und Spezialwissen.
Grundlagenseminare - Schulungsanspruch des Betriebsrats nach § 37 Abs. 6 BetrVG
Für jedes Betriebsratsmitglied ist es erforderlich, sich Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht durch den Besuch von Seminaren anzueignen. Verantwortungsvolle Betriebsratsarbeit ist nur möglich, wenn jedes Betriebsratsmitglied im Gremium über entsprechende Mindestkenntnisse im BetrVG verfügt (BAG vom 19.7.1995).
Unter den Begriff "Grundkenntnisse" fallen alle Seminare zum allgemeinen Arbeits- und Sozialrecht, Betriebsverfassungsrecht, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz sowie zu allgemeinen rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Themen. Bei diesen Seminaren wird, soweit die Betriebsratsmitglieder noch nicht über entsprechendes Wissen verfügen, die Notwendigkeit durch die Rechtsprechung vorausgesetzt (BAG Beschluss vom 16.10.1986 und 12.10.1994).
Da angesichts der Fülle der arbeits- und sozialgerichtlichen Entscheidungen selbst Fachleuten immer schwerer fällt, den Überblick über die Rechtsprechung zu behalten, ist die Teilnahme an einem reinen Rechtsprechungsseminar von mindestens einem Betriebsratsmitglied in gewissen zeitlichen Abständen erforderlich (BAG vom 20.12.1995). Eine Darstellung über wichtige und aktuelle Entscheidungen im Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht bieten wir im Seminar "Aktuelles Arbeits- und Sozialrecht" an.
Spezialseminare - Schulungsanspruch des Betriebsrats nach § 37 Abs. 6 BetrVG
Bei den so genannten "Spezialthemen" haben nur die Betriebsratsmitglieder Anspruch auf eine Schulung, die einen Anlass oder einen konkreten betrieblichen Bezug zum Thema haben. Dabei ist der Betriebsrat verpflichtet, die Notwendigkeit der Schulung zu prüfen.
Ein Spezial- oder Vertiefungsseminar ist ferner dann erforderlich, wenn sich einzelne BR-Mitglieder im Rahmen ihrer BR-Arbeit mit speziellen Themen beschäftigen, z.B. weil sie Mitglied in einem Ausschuss sind (BAG vom 15.06.1976).
Häufigkeit von Seminarbesuchen
Schulungsanspruch des Betriebsrats nach § 37 Abs. 6 BetrVG
Ein weitverbreiteter Irrglaube ist, dass jedem Betriebsratsmitglied pro Amtsperiode nur drei oder vier Seminarwochen zur Verfügung stehen. Das trifft nicht zu, denn dies gilt nur für den zusätzlichen Bildungsurlaub der Betriebsräte gemäß § 37 Abs. 7 BetrVG.
Wie oft ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf Seminarbesuche hat, richtet sich allein nach der jeweiligen Erforderlichkeit.
Verhältnismäßigkeit der Kosten
Schulungsanspruch des Betriebsrats nach § 37 Abs. 6 BetrVG
Neben der inhaltlichen Auswahl versuchen manche Arbeitgeber mit Kostenargumenten auf die Auswahlentscheidung Einfluss zu nehmen. Der Betriebsrat ist jedoch nicht verpflichtet, aus dem umfänglichen Angebot von "37.6er-Seminaren" eine kostengünstige oder gar die "billigste" Veranstaltung herauszusuchen zu müssen.
Das BAG hat bestätigt, dass der Arbeitgeber mit denjenigen Kosten belastet werden darf, die der Betriebsrat der Sache nach für verhältnismäßig und damit für den Arbeitgeber zumutbar halten kann. Der Betriebsrat muss die Auswahl somit nicht nach reinen Kostenerwägungen treffen. Unter anderem kann der Betriebsrat auf den üblichen Kostenaufwand für Schulungen des Führungspersonals hinweisen, der im allgemeinen wesentlich höher ausfällt.
Beispiel:
Allein die Teilnahmegebühr an einer eintägigen Schulung für Führungskräfte zum Thema "Aktuelle rechtliche und taktische Probleme beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen" kostet ohne Mehrwertsteuer 1.100 Euro. Eine zweitägige Fortbildung zum Thema "Moderation" 2.800 Euro ohne Mehrwertsteuer und Hotelkosten (Veranstalter etc bei br-spezial nachfragen).
Streitigkeiten über Seminarbesuche
Schulungsanspruch des Betriebsrats nach § 37 Abs. 6 BetrVG
Solange der Arbeitgeber auf die Mitteilung zum Seminarbesuch nicht reagiert, kann davon ausgegangen werden, dass er keinen Widerspruch erhebt und an einem Seminarbesuch nichts entgegen steht.
Hat der Arbeitgeber jedoch Einwände, sind zur Klärung der Streitfrage zwei Verfahrenswege vorgesehen. Hierbei kommt es darauf an, worauf sich die Bedenken des Arbeitgebers stützen:
Einigungsstelle:
Ist der Arbeitgeber der Auffassung, dass der Betriebsrat hinsichtlich der zeitlichen Lage des Seminars die betrieblichen Notwendigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt hat, muss er bei Seminarteilnahmen nach § 37 Abs. 6 BetrVG die Einigungsstelle anrufen, um diesen Punkt klären zu lassen. Die rechtzeitige Anrufung der Einigungsstelle hat die aufschiebende Wirkung des Betriebsratsbeschlusses zur Folge. Das bedeutet, dass das entsandte BR-Mitglied den Spruch der Einigungsstelle abwarten muss, bevor es sich auf den Weg zum Seminar macht. Wenn die Einigungsstelle allerdings so lange dauert, dass die Seminarteilnahme bis zum Spruch der Einigungsstelle nicht mehr realisiert werden könnte, ist unter Umständen der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sinnvoll. Veranlassung dazu besteht beispielsweise dann, wenn ein einmaliges Seminar versäumt werden würde, oder wenn sich das Seminar in absehbarer Zeit nicht nachholen lässt.
Beschlussverfahren:
Richten sich dagegen die Einwände des Arbeitgebers gegen die Erforderlichkeit bzw. die Geeignetheit, so ist diese Streitfrage im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu klären. Das Arbeitsgericht kann von dem Arbeitgeber, von dem Betriebsrat und von dem betroffenen Betriebsratsmitglied angerufen werden. Die Entscheidung ergeht im Beschlussverfahren. Sehr oft bleibt der Arbeitgeber untätig und lässt es bei der ablehnenden Mitteilung bewenden. Soll das BR-Mitglied den Seminarbesuch riskieren? Spätestens in dieser Situation ist es sinnvoll hier sachkundigen Rat über einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder über br-spezial einzuholen.