Betriebsvereinbarung ist notwendig
Ohne den Abschluss einer Betriebsvereinbarung existieren keinerlei verbindliche Regelungen, die die Arbeitgeberseite verpflichten würden, bei einer auftretenden Wärmebelastung Entlastungsmaßnahmen im Betrieb zu treffen. Die maßgebliche Vorschrift in § 3a ArbStättV ist lediglich eine Rahmenvorschrift, die dem Arbeitgeber keine konkreten Verpflichtungen auferlegt. Die hierzu einschlägige Technische Regel ist die ASR A 3.5. Die ASR als Technische Regelung ist kein zwingendes Recht.
- Die ASR A 3.5 ist lediglich eine Mindestregelung und daher nicht verbindlich. Sie kann also auch im Rahmen einer Betriebsvereinbarung verbessert werden.
- Erst durch eine Übernahme in eine Betriebsvereinbarung kann die ASR A 3.5 dem Arbeitgeber eine verbindliche Verpflichtung auferlegen, denn nach dieser Vorschrift gelten Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Regelungen zur Wärmeentlastung gehören zu einer menschengerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen nach § 2 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Das Gesetz führt ausdrücklich aus, dass die menschengerechte Gestaltung eine Maßnahme des Arbeitsschutzes ist. Aus diesem Grund unterliegt eine derartige Maßnahme dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Die Rahmenvorschrift, die dann durch die Mitbestimmung des Betriebsrats konkretisiert werden muss, ist § 3a ArbStättV.
Umsetzen gegen Willen des Arbeitgebers
Lehnt der Arbeitgeber den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ab oder ist er nicht einverstanden mit vorgeschlagenen Regelungen, führt letztlich kein Weg an der Einigungsstelle vorbei. Wie das Verfahren vor der Einigungsstelle eingeleitet werden kann, ist bei den Experten von br-spezial zu erfahren. Anruf genügt!
Gestaltungsanforderungen
Besondere Gestaltungsanforderungen an eine Betriebsvereinbarung »Wärmeentlastung« ergeben sich, weil:
- Belastungen durch Hitze nicht planbar/vorhersehbar sind
- das Instrument der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG kein taugliches Instrument ist, der Belastung durch Hitze zu begegnen
- der Belastung durch Hitze durch die in der ASR A 3.5 geregelten Auslösekriterien für erforderliche Maßnahmen unmittelbar begegnet werden kann
- die in der Betriebsvereinbarung geregelten Maßnahmen durch die Wirksamkeitskontrolle nach § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG stets verbessert werden können
Auslösekriterien und erforderliche Maßnahmen
Die ASR A 3.5 enthält neben generellen Hinweisen, wie grundsätzlich übermäßiger Sonneneinstrahlung begegnet werden kann, ein dreistufiges Auslösesystem, das im Rahmen der ASR A 3.5 jeweils mit Maßnahmen belegt ist.
Die erste Auslösestufe tritt ein bei Außenlufttemperaturen über plus 26 Grad Celsius (29 °C) sowie beim Überschreiten einer Lufttemperatur im Raum von plus 26 Grad. Hier werden Maßnahmen wie folgt ergriffen:
- Effektive Steuerung des Sonnenschutzes (z. B. Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen halten)
- Effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z. B. Nachtauskühlung)
- Reduzierung der inneren thermischen Lasten (z. B. elektrische Geräte nur bei Bedarf betreiben)
- Lüftung in den frühen Morgenstunden
- Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung
- Lockerung der Bekleidungsregelungen
- Bereitstellung geeigneter Getränke (z. B. Trinkwasser)
In der zweiten Stufe bei über 30 °C ist lediglich geregelt, dass wirksame Maßnahmen nach einer Gefährdungsbeurteilung ergriffen werden, die die Beanspruchung der Beschäftigten reduzieren. In der zweiten Stufe sind in jedem Fall Kühlzonen im Betrieb einzurichten, beispielsweise in den Pausen- oder in sonstigen Aufenthaltsräumen.
Die dritte Stufe bei einer Überschreitung der Lufttemperatur im Raum von plus 35 °C . Hier ist im Wesentlichen geregelt, dass ohne technische und organisatorische Maßnahmen, die zu einer wesentlichen Wärmeentlastung beitragen, der Raum nicht als Arbeitsraum geeignet ist, das heißt, es darf dort nicht gearbeitet werden. Die im Rahmen der ASR A 3.5 bezeichneten Maßnahmen stellen lediglich die unterste Stufe von Entwärmungsmöglichkeiten dar und schließen wirksamere Maßnahmen nicht aus.
Während die Frage der Auswahl der Thermometer in Betriebsvereinbarungsregelungen keine allzu große Bedeutung hat, müssen in jedem Fall die jeweiligen Messpunkte im Betrieb festgelegt werden. Weiterhin muss organisiert werden, wer für die Vornahme der Messungen zuständig ist. Für den Fall, dass Beschäftigte auch unterhalb der Schwelle der niedrigsten Auslösestufe (26 °C) über Wärmebelastung klagen, ist auf der Grundlage der Tabelle 2 der ASR A 3.6 die Luftfeuchtigkeit zu messen und weiterhin nach Tabelle 1 dieser technischen Regel die CO²-Konzentration der Raumluft.
Verbindlich und rechtssicher
Um Beschäftigte wirksam gegen Hitze am Arbeitsplatz zu schützen, ist aktives Betriebsratshandeln gefragt. Denn: Die maßgeblichen Rechtsnormen erlegen dem Arbeitgeber keine konkreten Verpflichtungen auf und die anzuwendenden gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse sind keine Rechtsnormen. Erst durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung erhalten sie Rechtsnormcharakter und sind für den Arbeitgeber bindend. Aus diesem Grund kann nur eine Betriebsvereinbarung die notwendige Verbindlichkeit und Rechtssicherheit für Maßnahmen zur Wärmeentlastung herstellen. [1] Vgl. grundlegend: BAG 8.6.2004, AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz
Tipp für die Temperaturmessung:
Die ASR gibt genau vor, wie die Raumtemperatur zu messen ist. Die Temperatur muss mit einem strahlungsgeschützten Thermometer gemessen werden, damit das Resultat nicht durch die direkte Sonneneinstrahlung beeinflusst wird. Bei sitzenden Tätigkeiten soll die Temperatur in Höhe von 60 Zentimetern, und bei stehenden Tätigkeit in einer Höhe von 1,1 Metern über dem Boden gemessen werden. Liegt der Arbeitsplatz im Freien, so ist die Temperatur im Schatten zu messen. Die Außenlufttemperatur sollte etwa 4 Meter von der Gebäudeaußenwand entfernt und in einer Höhe von 2 Metern gemessen werden.
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