5 Fragen zum Aufhebungsvertrag
Zahlreiche Arbeitsverhältnisse werden nicht durch Kündigung, sondern durch Aufhebungs-vertrag beendet. Wie sollten Beschäftigte auf das Angebot eines Aufhebungsvertrags reagieren? Und wie holen sie in einer solchen Situation das Beste für sich heraus?
1. Müssen Beschäftigte einer Aufforderung des Arbeitgebers zu einem Gespräch Folge leisten, wenn das Thema Aufhebungsvereinbarung ist?
Nein! Zwar sind Beschäftigte grundsätzlich zur Teilnahme an einem Personalgespräch verpflichtet, wenn es dort um arbeitsrechtliche Weisungen geht oder die Leistung bewertet werden soll. Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) aber festgestellt hat, gilt dies nicht für Gespräche, die eine Vertragsänderung oder sogar eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand haben. Die Teilnahme an solchen Gesprächen kann ohne Begründung abgesagt werden. Auch wenn sich erst im Laufe eines solchen Gesprächs herausstellt, dass es um eine Aufhebung oder Vertragsänderung geht, kann das Gespräch vom Beschäftigten sofort abgebrochen und der Raum verlassen werden. Sanktionen darf der Arbeitgeber hierauf nicht stützen, selbst eine Abmahnung wäre laut BAG rechtswidrig.
2. Ganz generell: Wie sollten Beschäftigte reagieren, wenn ihnen ein Aufhebungsvertrag vorgelegt wird?
Der wichtigste Rat lautet: Unbedingt Ruhe bewahren (so schwer das auch fallen mag). Kein wirklich seriöses Angebot muss sofort beantwortet werden. Unter Vertragspartnern (das sind ja die Parteien des Arbeitsvertrags) muss jede Seite ausreichend Zeit haben, sich mit der Situation befassen und eine angemessene Reaktion überlegen zu können. Die Reaktion kann in der Ablehnung eines solchen Aufhebungsvertrags, einem Gegenangebot zu besseren Konditionen oder auch in der Annahme des Angebots bestehen. Vorab sollte jedoch stets Rat eingeholt werden, sowohl im familiären/persönlichen als auch im weiteren Umfeld. Idealerweise sollte auch professionelle Unterstützung organisiert werden, etwa durch Fachanwalt für Arbeitsrecht oder durch die zuständige Gewerkschaft. In der Regel ist es auch vernünftig, den Betriebsrat zu informieren und mit ihm das Gespräch zu suchen. Erst dann, wenn sich der betroffene Arbeitnehmer über das, was er will im Klaren ist, sollte auf das Angebot des Arbeitgebers eingegangen werden.
3. Gibt es einen Anspruch auf Abfindung, etwa im Falle einer Kündigung?
Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber gibt es grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Zahlung einer Abfindung. Das geltende Recht sieht dies nicht vor. Allerdings gibt es von diesem Grundsatz Ausnahmen, insbesondere wenn Sozialpläne Anwendung finden. Erfolgt eine Kündigung im Rahmen einer Betriebsänderung, die meist mit einer Vielzahl von weiteren Arbeitsplatzverlusten einhergeht, soll in Betrieben mit Betriebsrat ein Sozialplan abgeschlossen werden. Dieser sieht dann in aller Regel vor, dass es bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung und möglicherweise noch weitere Leistungen gibt. Auf die Leistungen aus dem Sozialplan besteht dann auch ein einklagbarer Rechtsanspruch!
Im Übrigen werden häufig Abfindungen gezahlt, die im Einzelfall durchgesetzt werden und die darauf beruhen, dass der Arbeitgeber bereit ist, Geld dafür zu zahlen, dass der Beschäftigte durch den Aufhebungsvertrag oder einen entsprechenden gerichtlichen Vergleich auf seinen Kündigungsschutz verzichtet. Der Arbeitgeber kauft sich also von dem Risiko einer unwirksamen Kündigung frei.
4. Gibt es so etwas wie eine »Regelabfindung«?
Ebenso wenig wie es einen Rechtsanspruch auf Abfindung gibt, sieht das Gesetz feste Maßstäbe für die Höhe von Abfindungen vor. Wenn immer wieder von »Regelabfindung« geredet wird, liegt das daran, dass die Gerichte bei Vergleichsgesprächen oft ein halbes Gehalt pro Beschäftigungsjahr ins Spiel bringen. Dieser Vorstellung liegt auch §1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zugrunde, wobei das Gesetz hier nur Mindestanforderungen für ein Angebot des Arbeitgebers formuliert. Tatsächlich können durchaus deutlich höhere Faktoren angesetzt werden, z.B., wenn es kaum nachvollziehbare Argumente für den Wegfall des Arbeitsplatzes gibt oder Sonderkündigungsschutz besteht. Da die rechtlichen Risiken für die Höhe einer Abfindung von nicht unerheblicher Bedeutung sind, ist neben der eigenen Verhandlungs- und Nervenstärke zudem versierter Rechtsrat von großer Bedeutung.
5. Können Beschäftigte im Falle einer längeren unwiderruflichen Freistellung eine andere Tätigkeit aufnehmen?
Wird ein Arbeitnehmer unwiderruflich freigestellt, bestehen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken gegen die Aufnahme einer anderweitigen Beschäftigung. Schließlich besteht keine Arbeitspflicht mehr. Sofern nichts Anderweitiges vereinbart wurde, ist – solange das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet wurde – lediglich ein Wechsel zur Konkurrenz nicht mit dem weiter bestehenden vertraglichen Wettbewerbsverbot vereinbar.
Die entscheidende Frage ist jedoch, ob sich Beschäftigte ihre anderweitigen Verdienste auf die während der Freistellung fortzuzahlende Vergütung anrechnen lassen müssen. Auch hier sind zunächst die Formulierungen im Aufhebungsvertrag bzw. gerichtlichen Vergleich entscheidend. Ist nichts vereinbart, ist zwischen einer einseitigen und einer einvernehmlichen Freistellung zu entscheiden.
Im Falle einer einseitigen Freistellung ist anderweitiger Verdienst grundsätzlich anrechenbar.
Ist hingegen eine einvernehmliche Freistellung vereinbart, so fehlte es nach der Rechtsprechung an einer Rechtsgrundlage für die Anrechnung des anderweitigen Verdienstes. Allerdings gilt dies nach einer jüngsten Entscheidung des BAG nur eingeschränkt: Ist neben der einvernehmlichen Freistellung auch eine sogenannte Sprinter-Klausel vereinbart, also die Erhöhung der Abfindung im Falle einer durch den oder die Beschäftigte erklärten vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so soll dies dafür sprechen, dass auch ohne konkrete Regelung eine Anrechnung des anderweitigen Verdienstes stattzufinden hat (BAG 23.2.2021 – 5 AZR 314/20). Das sollte bei der Gestaltung des Aufhebungsvertrags bedacht werden.
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